Gesichtserkennung im Himalaya-Gebirge
Eine App zur Gesichtserkennung bietet im von der Fondation Nicole Niquille unterstützten Bergspital von Lukla mitten im Himalaya eine einfache Lösung für die Identifizierung und Nachverfolgung der Patientinnen und Patienten. Die innovative App wurde von Studierenden der Hochschule für Technik und Architektur Freiburg (HTA-FR) entwickelt und soll die medizinische Versorgung in dieser abgelegenen Region Nepals verbessern.
Lukla ist ein Dorf am Rande des Everest-Nationalparks auf 2850 Metern Höhe. Das von der Fondation Nicole Niquille gegründete und unterstützte Bergspital von Lukla ist bei der Verwaltung der Patientendossiers mit mehreren Hindernissen konfrontiert: Viele Nepalesen haben dieselben Vor- und Nachnamen, das Geburtsdatum ist oft nicht bekannt und Identitäts- und Gesundheitsdokumente sind selten vorhanden. Darum wandten sich Nicole Niquille und das Bergspital von Lukla an den Studiengang Informatik und Kommunikationssysteme (IKS) der HTA-FR, mit dem Ziel, eine bessere Patientenversorgung zu gewährleisten.
So befasste sich Benjamin Pasquier 2022 im Rahmen seiner Bachelorarbeit in Informatik mit der Patienten-Identifizierung durch Gesichtserkennung. Er entwickelte einen funktionierenden Prototyp unter Integration von Deep Learning und Machine Learning. Das Prinzip ist ganz einfach: die Patientinnen und Patienten werden bei ihrer Aufnahme fotografiert und in einer Datenbank erfasst, sodass sie bei ihrem nächsten Besuch mittels Gesichtserkennung identifiziert werden können. «Anhand eines Testdaten-Sets konnte ich zeigen, dass der Prototyp in der Lage ist, bereits registrierte Personen mit einer Zuverlässigkeit von 80 Prozent wiederzuerkennen», erklärt Pasquier.
Technologie und Fortschritt im Dienst der Gesellschaft
Im Anschluss an dieses Bachelorprojekt gewährten die HTA-FR, der Studiengang IKS und die Institute iSIS und iCoSys ein Budget für die weitere Ausarbeitung des Prototyps. Damit befassten sich zwei frisch diplomierte Bachelor-Absolventen – Benjamin Pasquier und Florian Hofmann – parallel zu ihrem FH-Masterstudium. «Unsere Aufgabe war es, den Prototyp für den Einsatz vor Ort zu konsolidieren, indem wir eine neue, einfach zu bedienende Schnittstelle für mobile Geräte entwickelten. Wir mussten auch die Datensicherung sicherstellen, da das Netzwerk in Nepal nicht stabil ist», so Hofmann.
Das Ergebnis wurde Benutzertests sowie Einsatz- und Leistungstests unterzogen, um die Zuverlässigkeit und Robustheit zu bewerten und die Grenzen des Programms zu testen. Im Oktober 2023 wurden ein Computer und ein Smartphone mit installierter App von einem Arzt der Stiftung in den Himalaya gebracht. Im Juni 2024 zählte die Datenbank bereits über 1820 Einträge. «Die Vereinfachung der technischen Begriffe war eine Herausforderung. Für die Erstellung der Benutzeroberfläche und der Installations- und Bedienungsanleitungen mussten wir in die Haut von Benutzern schlüpfen, die keine Ahnung von Informatik haben», erklärt Benjamin Pasquier.
Rund um das Projekt mit dem Namen «PANépal» wurden 2023 und 2024 vier Semesterarbeiten durchgeführt – über Techniken der Gesichtserkennung und über die Authentifizierung durch Fingerabdruck. «Solche Projekte sind sinnvoll für die Studierenden. Es erinnert sie daran, dass Technik häufig nicht nur Selbstzweck ist», betont Philippe Joye, Leiter des Studiengangs IKS.
Die Lösung überzeugt und soll langfristig funktionieren
Das Pflegepersonal des Spitals in Lukla war sehr offen für das Projekt, mit welchem die Fondation Nicole Niquille auch das Bewusstsein für die Bedeutung der Dossierführung stärken konnte. Das neue Gesichtserkennungs-Tool wird bei der Patientenaufnahme gerne angewendet und bewährt sich. In einem nächsten Schritt geht es darum, einen nepalesischen Informatiker zu finden, um die Langlebigkeit der Lösung vor Ort sicherzustellen.